CITROËN SM - EIN AUTO, WIE MAN ES NICHT MEHR BAUEN WIRD!
Aufstieg und Fall, höchste Faszination des bestechenden Konzepts und abgrundtiefe Dunkelheit alltagsbedingter – im wesentlichen vom Maserati-Triebwerk verursachter – Tücken; beide Extreme waren vom Start weg ständige Begleiter auf dem Weg der 12.920 jemals gebauten Exemplare zum, von vornherein unumstößlich vorgezeichneten Weg in die KfZ- geschichtliche Legende.
Diese hervorgehobene Position war bereits auf halbem Weg zum Heute fest zementiert. 1980, 5 Jahre nachdem er aus einem kurzen frenetischen Leben abtrat und am Ende sogar rund 60 bereits fix und fertige Rohkarossen im Zuge der Eheschließung mit Peugeot rigide dem Shredder zugeführt worden waren.
Seine höchste Produktionszahl erreichte er im 2. Jahr, 1971, mit deutlich über 3000 Exemplaren; am Ende, 1975, waren es – selbst bei großzügigster Auslegung – keine 120 mehr. Dennoch ist der SM während knapp 6 Jahren fast 10-mal häufiger produziert worden, als das DS- Cabrio in über 10 Jahren.
WERDEGANG
1934 etablierte "La Traction" die 100 km/h-Marke als Reisegeschwindigkeit,
1955 "La Deesse" mit Hilfe ihrer überragenden Fahrsicherheit dank Hydropneumatik und Scheibenbremsen Tempo 150 und im März 1970 wartete Citroën auf dem Genfer Salon mit dem SM auf, bei dem selbst Tempo 200 den Fahrer nicht sonderlich in Anspannung versetzte, der mit seinem cw- Wert von lediglich 0,32 nur 170 DIN- PS benötigte, um über 220 km/h schnell zu sein
...ja, so war das damals vor der ersten Ölkrise - Höchstgeschwindigkeit als "Gütesiegel" für konstruktives Können und ein Benz Cabrio, das gut ein Jahr später erschien, benötigte immerhin 2 Zylinder, 800 ccm und 25 PS mehr, um mit dem SM mithalten zu können.
ZEITGENÖSSISCHE EINORDNUNG
Die Presse war sich jedenfalls einig: "Technisches Wunderwerk, Avantgardistischer Einzelgänger, Schnellster Fronttriebler der Welt, Frankreichs Wunderauto" etc.
Er nahm sich neben der Massenware am Beginn der 70iger aus wie ein unbekanntes Wesen von einem anderen Stern. Sogar Auto Motor und Sport ließ sich zu der Bewertung "er ist der Größte" hinreißen und stufte ranghoch ein.
"Ein Spitzenprodukt des Weltautomobilbaues, in der Summe seiner Qualitäten dem Mercedes 600 vergleichbar". Die Franzosen waren glücklich, nach 15 Jahren wieder einen 6-Zylinder zu besitzen und so wurde dem SM auch der Beiname "La reine de la Route" zuteil, wie ihn bis 1965 stolz "La Traction Quinze SIX" getragen hatte.
Auto des Jahres konnte der SM übrigens nicht werden: Die Konkurrenz aus dem eigenen Haus in Gestalt des zum Pariser Salon im Oktober 1970 präsentierten GS war zu stark, so dass der die Palme davon trug – von der Ratio her gesehen sicher die richtige Entscheidung.
DAS OBJEKT DER BEGIERDE
Der italienische Voll- Alu 4-Nockenwellen-Motor der prestigeträchtigen Schmiede Maserati in einer tief vom gesamten konstruktiven Knowhow der, vom Quai de Javel geprägten Umgebung mit hinreißender stilistischer Silhouette, bisweilen als "über- Deésse" durchschimmernd, legten den Grundstein für das Gesamtbild eines bereits auf dem Reißbrett absehbaren Klassikers. Schauen wir uns einzelne Mosaiksteine zwischen den beiden Stoßstangen der Reihe nach von vorne nach hinten an:
Apropos Stoßstangen: Hier hält kein Magnet – solider Edelstahl ist angesagt, wie auch bei sämtlichen anderen äußeren Glanzteilen aus Metall.
Dahinter die dreiteilige Glasfront über die gesamte Wagenbreite, welche 6 Halogenscheinwerfer und das vordere Nummernschild aerodynamisch und ästhetisch verkleidet.
Diese Glasfront, die Scheinwerfer und der TüV in Deutschland - das war in Kombination so eine Geschichte:
Bereits drei Jahre zuvor hatten, bei der Vorstellung der Schwenkscheinwerfer zur IAA 1967, erschrockene Polizeibeamte die vier glasverkleideten DS-Leuchten zum Anlass genommen, die Probefahrt- Fahrzeuge
(So etwas gab' s damals zur jährlich stattfindenden IAA noch vor Ort) mit zorniger Miene anzuhalten und auf die gesetzesmäßige Unzulässigkeit solcher Technik hinzuweisen.
Erst ausführliche Einsichtnahme in die mitgeführten Ausnahmegenehmigungen, die später in eine allgemeine Betriebserlaubnis mündeten, ermöglichten die Weiterfahrt. Hinzu kam, da die zum starren Fernlicht zuschaltbaren Halogenscheinwerfer – in reinstem Amtsdeutsch – "gemäß der Entscheidung des Bundesministers für Verkehr vom 6.Juli 1967 nicht der Vorschrift des § 50, 4 STVZO in Verbindung mit § 13 der 6. Ausnahmeverordnung zur STVZO vom 17.7.1962" entsprechen, was eine Ausnahmegenehmigung erforderlich macht.
...und die stand bis zum letzten D- Modell in jedem erstmals in Deutschland ausgestellten Kfz-Brief.
Die Citroën-Leute schafften es jedenfalls erst nach ausführlichen Probefahrten, den TüV von der Sinnhaftigkeit dieser Konstruktion zu überzeugen. Und dann kam drei Jahre später das Ganze in verfeinerter Perfektion: sechs Scheinwerfer, die innen nicht über Seilzüge, sondern über Hydraulik- Zylinder schwenkbar waren – und da war's erst mal wieder aus.
Den SM in Deutschland wurde bis Ende '71 in den Kfz Brief geschrieben: "Die schwenkbaren Scheinwerfer wurden abgedeckt und die elektrische Verbindung zu diesen Scheinwerfern entfernt". Und weil das noch nicht der Betonköpfigkeit genug war, ging' s gleich weiter: "Die Anbringung des vorderen Kennzeichens unter der mittleren Abdeckscheibe ist nicht zulässig". So rollten sie denn zunächst mit schwarzen Abdeckkappen und ohne mittleres Glas durch dieses unser Land.
Was war geschehen? Citroën hatte sich erdreistet, 1970 eine Cibie Lichtanlage auf die Straße zu bringen, die – sämtlich in Halogen – zweifaches Abblendlicht, zwei starre Fernlichtscheinwerfer mit etwas breiterer Streuung und zwei schwenkbare Fernlichtscheinwerfer mit weit reichender Bündelung (weniger Riffelung auf der Streuscheibe umfasst).
Dies wurde in Deutschland zum Politikum und war erst durch Einschaltung des Bundesverkehrsministers zu beseitigen - ein dornenreicher Weg für einen Importeur mit kleinem Marktanteil. Erst am 16.11.1971 gelang es durch die Erteilung der Allgemeinen Betriebserlaubnis Nr. 8013 seitens des Kraftfahrtbundesamtes, diesen Zustand zu beenden. Vorausgegangen war die Erwirkung eines Schreibens, in dem der Bundesverkehrsminister am 11.Januar1971 höchstpersönlich dem Kraftfahrtbundesamt mitteilte, dass er die Grundlage zur Erteilung der Ausnahmegenehmigung von § 50 STVZO für gegeben hält. Gestritten wurde, ob denn die ganze Anlage nicht zu hell sei, sprich Citroën ein zu gutes Licht präsentiere - selbst mit der Glasscheibe davor. Da aber dem Minister aus Bonn von Citroën klar gemacht werden konnte, dass die in Deutschland höchstzulässige Beleuchtungsstärke von 150.000 Candela nicht wesentlich überschritten wird, genehmigte man schließlich, dass vier Fernscheinwerfer - die inneren schwenkbar- sein dürfen, sofern das etwas weiter streuende Licht für alle verwendet wird - das Prüfzeichen auf deren Glas lautet "HR E2 99", womit 158.000 Candela erzielt werden- 5,3333333333333333% mehr als gesetzlich erlaubt, genehmigt erst nach Ministerwort aus Bonn. Welch ein Aufwand für - ohnehin nicht sehr haltbare- Reflektoren.
Zwischen Ministerbrief und Betriebserlaubnis lag die Vorführung beim Kraftfahrtbundesamt am 29. August 1971. Hierbei äußerte sich der Präsident desselben u.a. auch lobend über die Anbringung des vorderen Kennzeichens hinter dem Glas. Ein diesbezüglicher Vermerk wurde in das Besichtigungsprogramm aufgenommen.
In der allgemeinen Betriebserlaubnis Nr. 8113 wurde die Art der Anbringung jedoch nicht erwähnt und so gibt's bis zum heutigen Tag bisweilen noch ärger bei Polizei- oder TüV-Kontrollen mit dem SM- Nummernschild hinter Glas.
Weit rigider waren die beleuchtungstechnischen Eingriffe in die rund 2.000 SM die in die USA gingen: Dort schreibt das Gesetz "Sealed - Beam"- Scheinwerfer vor - eine hässliche Vier - Scheinwerferfront ist die Folge ...aber wenigstens das Nummernschild darf hinter Glas bleiben.
Hinter dem Lichterband folgt der von zwei Elektrolüftern thermostatgesteuert unterstützte Kühler. Ungewöhnlich in einer Zeit, wo die meisten noch mechanische Lüfter boten.
Sodann – vor das Getriebe gebaut – der Fliehkraftregler für die geschwindigkeitsabhängige Servolenkung mit unterstützter Rückführung in die Geradeausstellung.
Sie wurde mit dem Kunstnamen DIRAVI (DIRection a Assistence hydraulique variable en fonction de la Vitesse) gekennzeichnet.
Obwohl sie weiter hinten über dem Getriebe liegt, soll sie hier bereits erläutert werden: Der SM zeigt hier eine weitere Neuerung im Serienautomobilbau, die in den letzten 20 Jahren viele Nachahmer fand - abhängig von der Motordrehzahl oder auch a la SM von der Fahrzeuggeschwindigkeit; direkt niedergeschlagen hat sie sich in CX und XM V6.
Im SM extrem direkt mit lediglich zwei Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag und im "Go-Kart"-Verhältnis von 1:9,4 übersetzt (CX 1:13,5; ca. 2,5 Umdrehungen » XM V6 1:17,5; 3,26 Umdrehungen) ...um über 40% direkter als CX und über 85% direkter als der XM V6!
Dementsprechend waren auch die Kommentare: "Mit diesem Auto ist noch niemand die ersten 400m geradeaus gefahren!" hieß es damals in einem Testbericht zur ungewohnten Sensibilität der SM- Lenkung.
Die "Erfahrung" lehrt allerdings, dass diese Lenkung dem 1,4- Tonnen- Brocken 11,5m Wendekreis und erstaunliche Behändigkeit in der Stadt sowie formelmäßige Direktheit auf schnellen Autobahnstrecken beschert, was man Kilometer für Kilometer schätzen lernt.
Mit Kolben, Fliehgewichten und Kurvenscheiben in stabilem Alu- Gehäuse wird dafür gesorgt, dass die Zahnstange situationsgerecht unterstützt und immer in die Geradeausstellung zurückgeführt wird.
Zusätzlich zur immensen Sicherheit gegen platzende Reifen oder einseitig überfahrene Buckel, die seit der Göttin jedes D- Modell auch ohne Servo dank der Mittelachslenkung genießt und die auch in den GS kam liefert dieses Servo erstmals eine hydraulische Verriegelung, die eine zweite, so hohe Sicherheit gegen Einflüsse der Fahrbahn auf die Lenkung bietet, dass man die erste Sicherheit, die Mittelachslenkung mit ihrem Lenkrollradius Null im CX bereits nicht mehr am ganzen Radumfang benötigte, sondern nur für den Punkt der Reifenaufstandsfläche. Im XM ist nun der Lenkrollradius Null als Sicherheitsfaktor ganz vergessen und dennoch wird durch die hydraulische Verriegelung a la SM die gleiche Sicherheit geboten.
Man mochte die Lenkung oder man mochte sie nicht. Ihre Variabilität ist in Fahrt deutlich spürbar. Diese Lenkung bezog klar Position und faszinierte oder schreckte ab. Kommt man heute vom SM oder CX in den XM V6, staunt man über die geringe Spürbarkeit des Rückstelleffekts, die fast auf die Hälfte reduzierte Direktheit und das weit größere Druckreservoir bei Lenkbewegungen ohne Motorlauf. Man muss sich dann quasi an deren Normalität gewöhnen- aber selbst das stört einige Tester noch, während der Fan hier die Klarheit früherer Jahre möglicherweise vermisst.
ZWISCHENSTATION
Nachdem man bis hierher erst 10% des Weges von der vorderen zur hinteren Stoßstange zurückgelegt hat, wird bereits unmissverständlich klar, dass der SM mit einer Fülle wegweisender und/oder origineller Lösungen aufwartet, deren deutliche Unterscheidung vom üblichen Einheitsbrei entweder Enthusiasmus oder Lähmung hervorruft.
Das Fahrwerk zeigt eine Vorderachse mit im Durchmesser verstärkten DS- Antriebswellen, die auch sonst an die DS- Konstruktion angelehnt ist. Angesichts des von 59 auf 40 bar reduzierten Fülldruckes und anderer Durchflusskennung der vorderen Federkugeln federt sie härter. Herausragendste Änderung ist jedoch die Umkehr der ansonsten gleichen Radaufhängungen.
Im Gegensatz zum D- Modell werden die Schwingarmträger vor der Vorderachse montiert. Bei Rallye- Einsätzen der Göttin hatte sich unter extremer Beanspruchung gezeigt, dass die vorderen zwei der fünf Aufhängungspunkte dieser Träger aus der Karosserie ausreißen können (in Fahrt zittert dann der gesamte DS- Vorderbau mit einer Brutalität zum Karosserie- Erweichen).
Durch die Umkehr im SM wurde hier größere Stabilität erreicht.
Der einzige Punkt, der das Reißbrettstadium der SM- Konstruktion am Ende der 60-er deutlich macht, sind wohl die nicht belüfteten vorderen Scheibenbremsen der Göttin am Getriebeausgang, die ohne Modifikationen übernommen wurden. Ihnen machte das 1,4-Tonnen-220km/h-Geschoss SM doch auch schon 'mal jenseits Ihrer Leistungsgrenze zu schaffen.
Zur Abmilderung halfen die von Citroën erstmals gebrachten hinteren Scheibenbremsen, die wenige Monate später erfreulicherweise in Gestalt des GS auch in die untere Mittelklasse eingeführt wurden. Im SM hatten sie ab dem Einspritzer sogar Sensoren für die Abnutzung der Beläge - eine bis zu heutigen Tagen bei Citroën leider nicht wiederholte Variante zur Überwachung des Bremsbelagverschleißes rundum.
Die Hinterachse kam ansonsten im Prinzip a la DS aber mit kürzeren Schwingen. Der SM rollte immer auf 6 Zoll (DS ab '69 5,5 Zoll) breiten und 15 Zoll hohen Stahlfelgen, anfangs auf 195/70-Reifen, die heute im Handel nicht mehr erhältlich sind, später auf 205/70. Damals bedeutete das 7Olger Format extreme Breitbereifung. VR-Spezifikation war angesagt für Geschwindigkeiten über 210 km/h. Ab '71 gab' s in Frankreich gegen Aufpreis auch Carbon - Räder, die nur 4,66 kg wogen, nicht halb soviel, wie die 10,37 kg schweren Serienteile. Ein weißer SM demonstrierte dies sogleich in der Weihnachtsdekoration der Citroën- Niederlassung auf den Champs- Elysées, die damals noch keine Steak - Kette zur Vorsilbe hatte.
Das 5-Gang-Getriebe des SM zählt zu den langlebigsten Aggregaten dieses Fahrzeuges. Nicht nur, was die Robustheit betrifft, sondern auch die spätere Verwendung über den SM hinaus in sämtlichen Lotus-4-Zylindern nahezu gleichzeitig mit dem DS-5-Gang-Getriebe erschien es gleich zu Serienbeginn, nachdem es in diversen Rallyes unter dem Blechkleid der Göttin erprobt worden war.
Der 2. bis 4. Gang waren identisch mit den beiden DS-5- Gang- Getrieben, der 5. Gang stammte aus dem "kurzen" DS-5-Gang-Getriebe wirkte sich wegen des Kegel-Tellerrad- Verhältnisses von 8/35 aber als langer 5-ter aus: 36,335 km je 1.000 1/min sorgten dafür, dass man im SM- Vergaser bei der Nenndrehzahl von 5.500 1/min ziemlich genau mit Tempo 200 unterwegs war. Bei den 5.750 1/min Nenndrehzahl des Einspritzers waren's 209 km/h.
Die – laut Werkshandbuch – maximal zulässige Drehzahl von 6.100 1/min im 5. Gang ließ den SM knapp 222 km/h schnell sein - die erreichbare Höchstgeschwindigkeit in der Ebene lag aber darüber und die Drehzahl daher auch über der Maximal- Drehzahl. Dieser Motor mordende Widerspruch führte – zumindest in einem uns bekannten Fall – zur Eigenhilfe in Gestalt eines 6- Gang- Getriebes, um die Drehzahl auf ein erträgliches Maß zu senken.
Damit sind wir beim Maserati V6-Motor, einem konzeptionell und optisch herrlich ästhetischen Stück Motorenbau in vorzugsweise Alu- Legierung, ein 2,7-Liter-Aggregat (in der Borg- Warner- Vollautomatic- Version ab 7/73 3 Liter), das unter der extrem flachen Alu- Motorhaube zum widersprüchlichen Charakter des SM entscheidend beigetragen hat: Begeistern konnte die Brillanz der Drehfreude dank 4-Nockenwellen und drei italienischen Weber- Doppelvergasern der Bezeichnung 42DCNF2, die jedem Zylinder ein 42-mm-"Rohr" zur Beatmung zur Verfügung stellten. Der Ansaugquerschnitt pro Zylinder gestaltete sich also fast 4-mal so groß wie bei der Göttin! Zum Modelljahr '73, also ab Juli '72 gab' s das Ganze in Einspritzversion mit BOSCH D - Jetronic. Dazu ein "Sound", wie ihn wohl in der Tat nur die Italiener zu Wege bringen, gedämpft von insgesamt 4 Auspufftöpfen, von denen die beiden vorderen gemäß der Zahl der Zylinderreihen 2-zügig ausgelegt sind.
Selbst das maximale Drehmoment lag mit 23,5/23,7 mkg (Vergaser/ Einspritzer) bei 4.000 Touren auf dem Niveau des heutigen XM V6, der 24,5 mkg bei erst 4.600 1/min zur Verfügung stellt; nur "unten herum" war die SM - Kraft nicht so ausgeprägt; gedreht wollte er schon werden!
So schwang sich der SM bereits in der Vergaserversion zu über 220 km/h auf und Einspritzer sind mit bis zu 228 km/h von seriösen Autozeitschriften gemessen worden.
Der Cw- Wert 0,32 half hier also dem SM Bereiche zu erobern, für die Daimler- Benz ab '71 im neuen S- Klasse- Coupé einenV8, 3,5 Liter Hubraum und 200 PS benötigte.
Anfangs war der Vergaser- SM mit 170 PS nach DIN angegeben, später mit 163. Der Einspritzer firmierte einheitlich mit 175 PS, die ganz seltene Version mit Borg- Warner Vollautomat ab Modell '74 mit 180.
Leider erforderte die komplexe Technik fachliche Kompetenz und minutiöse Wartung, viele Werkstätten und Halter waren damit überfordert. Und so kam es wie es kommen musste – viele Motoren starben den frühen Tod, oft auch deshalb, weil die erforderliche Zeit zum Warmfahren nicht eingehalten wurde. Citroën schrieb Maserati seinerzeit einen 90 Grad Zylinderwinkel ins Lastenheft um den Motor unter der extrem flachen Haube platzieren zu können. Weiterhin wurde er auf 2,7 l Hubraum reduziert, dem Vernehmen nach, um nicht in die, in Frankreich über 2.7-l-Hubraum beginnende Steuerprogression zu geraten. Im Schwestermodell Maserati Merak wurde der Motor nur mit 3,0l Hubraum verbaut.
Durch die V- Anordnung, bei der 2 Pleuel auf einer Kurbelwellenkröpfung sitzen und dem 90 Grad Zylinderwinkel kam zwangsläufig eine ungleichmäßige Zündfolge zustande. Eine gewisse Rauheit im Motorlauf war dadurch vorprogrammiert. Dieses schwingungstechnische Problem wurde erst im XM mit Hilfe unregelmäßiger Kurbelwellenkröpfung zur Erzeugung regelmäßiger Winkel von Zündung zu Zündung beseitigt.
Bei der Gemischaufbereitung wurden zwar die Abstimmungsprobleme der 3 Doppelvergaser durch die Einspritzanlage abgestellt, es blieben jedoch andere Schwachpunkte beim Motor "erhalten" - der Antrieb der 4 Nockenwellen über eine Primär- und zwei Sekundärketten ist wohl der herausragendste.
Die primäre Duplexkette überträgt die Kraft von der Kurbel- auf eine Zwischenwelle, von dieser Zwischenwelle gehen die 2 Duplex- Sekundär- Ketten ab, die pro Zylinderreihe je zwei Nockenwellen antreiben. Das Problem lag a) in der Qualität der verwendeten Ketten Marke SEDIS, die vergleichsweise schnell länger wurden und auch schon 'mal abrissen und b) in den Spannvorrichtungen der drei Ketten: Die Sekundärketten mussten alle 5000 km manuell nachgespannt werden, ein Umstand, der bei vielen Wartungen übersehen oder ignoriert wurde. Die Primärkette wurde durch einen federgestützten Kettenspanner gespannt, der in den ersten Versionen leicht unterdimensioniert war.
Dessen Störanfälligkeit wurde noch gesteigert durch die vielen Nebenaggregate, die von der Zwischenwelle mitzubetreiben waren. Weniger die gleichmäßigen, wie die Wasserpumpe, als vielmehr die ständig wechselnden Belastungen durch die Ein- und Abschaltung der Hydraulikpumpe, den Generator und die Schaltintervalle des Klimakompressors sorgten hier für schnellen Verschleiß der Primär- Spannanlage.
Neigte dann auch noch der Fahrer darüber hinaus zu abrupten Gaswechseln bei womöglich vorzugsweise hohen Drehzahlen, war der Infarkt der Vorrichtung vorprogrammiert. Es gab am Schluss einige Motoren, die eine standfeste Spannvorrichtung mit größerer Regelstrecke aufwiesen und heute kann man solche Spanner auch nachrüsten.
Aber auch vergleichsweise simple Bauteile waren nicht ausgereift. So erwies sich die Antriebsweile der Ölpumpe als a) zu dünn und b) ein Stückchen zu kurz.
Inzwischen werden - fernab der Citroën- Reservoirs- und neben anderen SM- Segnungen, auch dickere, ein wenig längere und damit standfestere Wellen durch den Teileservice des Clubs angeboten.
Wer's genauer wissen will, dem seien die werksseitigen SM- Reparaturhandbücher und Ersatzteil- Kataloge empfohlen, die für die Vergaserversion (beim Einspritzer war's deutlich besser) eine umfangreiche Sammlung von Beilegscheiben, Fassungen, Kennziffern und ähnlichen Nerven aufreibenden "Kleinigkeiten" parat halten, die penibel genaue Beachtung der Motornummer erfordern und die im Einzelnen - wenn überhaupt- oft nur noch unter größten Schwierigkeiten zu beschaffen sind .......ein Horrorszenario für jeden Ersatzteilverwalter und -beschaffer. Das geht ins Geld und braucht Zeit, wie man sich denken kann.
Man sieht, bei solch fragiler Mechanik und angesichts solcher Ersatzteil- Preise ist die Anschaffung eines SM nicht das eigentliche Problem, sondern dessen Unterhaltung. Unter denen, die einen haben, gibt es daher welche, die sich voller Sarkasmus zur Steigerung der Exclusivität wünschen, er möge doch in der Anschaffung auch hierzulande endlich so teuer werden, wie er es in der Unterhaltung bereits seit Jahren ist. Insbesondere die qualifizierte Wartung und Erhaltung des Motors wird bis heute nur von wenigen geleistet. Dass es mit qualifizierter Betreuung geht, hat der SM bereits zur Marokko- Rallye 1971 bewiesen, als er unter dem Leitmotiv "premiére sortie ...premiére victoire" die gesamte etablierte Rallyezunft bezwang
Von Anbeginn der SM- Produktion forderte die fragile Mechanik des Motors Tribut: Zahlreiche Ausfälle und unverhältnismäßig viele Austausch- Motoren trugen in Verbindung mit den hohen Anforderungen an die Mechaniker, die vom Citroën- Händlernetz europaweit nur sehr begrenzt mit fundiertem Inhalt gefüllt werden konnten, zur nur sehr zögerlichen Verbreitung bei.
Eine italienische Operndiva kann sich kaum kapriziöser benehmen, als dieser 4-Nockenwellen-V6, der selbst gestandene SM- Spezialisten bis auf den heutigen Tag immer wieder auf' s neue erfreut - mit und ohne Anführungszeichen, je nachdem, ob sie gerade freiwillig der atemberaubenden Faszination des unmittelbaren Fahrerlebnisses oder fremdbestimmt der eher mittelbaren des Ersatzteil- Kataloges erliegen.
RANDBEDINGUNGEN
Die Kalenderjahre sahen folgende SM-Zahlen:
davon gut 2/3 Vergaser. Nur 1971 kann als Geschäft für Citroën im kaufmännischen Sinne betrachtet werden. Ansonsten war Improvisation angesagt, um die Unzulänglichkeiten dieser "Reine de la Route" zu überspielen, ganz banales Beispiel äußere Rückspiegel: Zwar hat auch die Beifahrertür ein Haltegewinde unter' m Blech, einen entsprechend zu montierenden rechten Außenspiegel kannte der Ersatzteil- Katalog jedoch nie. So musste Citroën für die Anzeige zwei Original GS- Außenspiegel montieren, um ihn beidseitig bespiegelt zeigen zu können!
Für die überstürzte Programmplanung zur Präsentation des SM mögen Beispiele aus dem ersten Katalog dienen: Die 6 Scheinwerfer werden noch von Fensterglas bar jeglicher Streuscheiben "geziert". Der Schriftzug in der C- Säule zeigt von links nach rechts "CitroënMaserati" statt des späteren "SM- Logos" der ersten Serie, die Auspuffblenden weichen von der Serie ab und die Radkappen haben noch keine zentrale Festhalteschraube, sondern sind a la DS nur geklemmt. Die abgebildete Türinnenseite weist eine Fensterkurbel auf, die nie das Licht der Serienwelt erblickte, da elektrische Fensterheber kamen.
Die wiederum ließen sich bei Ausfall zumindest in den beiden ersten Baujahren nicht von Hand betätigen - erst später gab's eine Kurbel, um vorn die Fenster auch im Pannenfall von Hand schließen zu können-
Anm: Dieser Bericht ist den Clubzeitungen Heft 9 und Heft 10 entnommen.
Autor ist Herr Ulrich Brenken, Clubleiter des ACC.
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Aufstieg und Fall, höchste Faszination des bestechenden Konzepts und abgrundtiefe Dunkelheit alltagsbedingter – im wesentlichen vom Maserati-Triebwerk verursachter – Tücken; beide Extreme waren vom Start weg ständige Begleiter auf dem Weg der 12.920 jemals gebauten Exemplare zum, von vornherein unumstößlich vorgezeichneten Weg in die KfZ- geschichtliche Legende.
Diese hervorgehobene Position war bereits auf halbem Weg zum Heute fest zementiert. 1980, 5 Jahre nachdem er aus einem kurzen frenetischen Leben abtrat und am Ende sogar rund 60 bereits fix und fertige Rohkarossen im Zuge der Eheschließung mit Peugeot rigide dem Shredder zugeführt worden waren.
Seine höchste Produktionszahl erreichte er im 2. Jahr, 1971, mit deutlich über 3000 Exemplaren; am Ende, 1975, waren es – selbst bei großzügigster Auslegung – keine 120 mehr. Dennoch ist der SM während knapp 6 Jahren fast 10-mal häufiger produziert worden, als das DS- Cabrio in über 10 Jahren.
WERDEGANG
1934 etablierte "La Traction" die 100 km/h-Marke als Reisegeschwindigkeit,
1955 "La Deesse" mit Hilfe ihrer überragenden Fahrsicherheit dank Hydropneumatik und Scheibenbremsen Tempo 150 und im März 1970 wartete Citroën auf dem Genfer Salon mit dem SM auf, bei dem selbst Tempo 200 den Fahrer nicht sonderlich in Anspannung versetzte, der mit seinem cw- Wert von lediglich 0,32 nur 170 DIN- PS benötigte, um über 220 km/h schnell zu sein
...ja, so war das damals vor der ersten Ölkrise - Höchstgeschwindigkeit als "Gütesiegel" für konstruktives Können und ein Benz Cabrio, das gut ein Jahr später erschien, benötigte immerhin 2 Zylinder, 800 ccm und 25 PS mehr, um mit dem SM mithalten zu können.
ZEITGENÖSSISCHE EINORDNUNG
Die Presse war sich jedenfalls einig: "Technisches Wunderwerk, Avantgardistischer Einzelgänger, Schnellster Fronttriebler der Welt, Frankreichs Wunderauto" etc.
Er nahm sich neben der Massenware am Beginn der 70iger aus wie ein unbekanntes Wesen von einem anderen Stern. Sogar Auto Motor und Sport ließ sich zu der Bewertung "er ist der Größte" hinreißen und stufte ranghoch ein.
"Ein Spitzenprodukt des Weltautomobilbaues, in der Summe seiner Qualitäten dem Mercedes 600 vergleichbar". Die Franzosen waren glücklich, nach 15 Jahren wieder einen 6-Zylinder zu besitzen und so wurde dem SM auch der Beiname "La reine de la Route" zuteil, wie ihn bis 1965 stolz "La Traction Quinze SIX" getragen hatte.
Auto des Jahres konnte der SM übrigens nicht werden: Die Konkurrenz aus dem eigenen Haus in Gestalt des zum Pariser Salon im Oktober 1970 präsentierten GS war zu stark, so dass der die Palme davon trug – von der Ratio her gesehen sicher die richtige Entscheidung.
DAS OBJEKT DER BEGIERDE
Der italienische Voll- Alu 4-Nockenwellen-Motor der prestigeträchtigen Schmiede Maserati in einer tief vom gesamten konstruktiven Knowhow der, vom Quai de Javel geprägten Umgebung mit hinreißender stilistischer Silhouette, bisweilen als "über- Deésse" durchschimmernd, legten den Grundstein für das Gesamtbild eines bereits auf dem Reißbrett absehbaren Klassikers. Schauen wir uns einzelne Mosaiksteine zwischen den beiden Stoßstangen der Reihe nach von vorne nach hinten an:
Apropos Stoßstangen: Hier hält kein Magnet – solider Edelstahl ist angesagt, wie auch bei sämtlichen anderen äußeren Glanzteilen aus Metall.
Dahinter die dreiteilige Glasfront über die gesamte Wagenbreite, welche 6 Halogenscheinwerfer und das vordere Nummernschild aerodynamisch und ästhetisch verkleidet.
Diese Glasfront, die Scheinwerfer und der TüV in Deutschland - das war in Kombination so eine Geschichte:
Bereits drei Jahre zuvor hatten, bei der Vorstellung der Schwenkscheinwerfer zur IAA 1967, erschrockene Polizeibeamte die vier glasverkleideten DS-Leuchten zum Anlass genommen, die Probefahrt- Fahrzeuge
(So etwas gab' s damals zur jährlich stattfindenden IAA noch vor Ort) mit zorniger Miene anzuhalten und auf die gesetzesmäßige Unzulässigkeit solcher Technik hinzuweisen.
Erst ausführliche Einsichtnahme in die mitgeführten Ausnahmegenehmigungen, die später in eine allgemeine Betriebserlaubnis mündeten, ermöglichten die Weiterfahrt. Hinzu kam, da die zum starren Fernlicht zuschaltbaren Halogenscheinwerfer – in reinstem Amtsdeutsch – "gemäß der Entscheidung des Bundesministers für Verkehr vom 6.Juli 1967 nicht der Vorschrift des § 50, 4 STVZO in Verbindung mit § 13 der 6. Ausnahmeverordnung zur STVZO vom 17.7.1962" entsprechen, was eine Ausnahmegenehmigung erforderlich macht.
...und die stand bis zum letzten D- Modell in jedem erstmals in Deutschland ausgestellten Kfz-Brief.
Die Citroën-Leute schafften es jedenfalls erst nach ausführlichen Probefahrten, den TüV von der Sinnhaftigkeit dieser Konstruktion zu überzeugen. Und dann kam drei Jahre später das Ganze in verfeinerter Perfektion: sechs Scheinwerfer, die innen nicht über Seilzüge, sondern über Hydraulik- Zylinder schwenkbar waren – und da war's erst mal wieder aus.
Den SM in Deutschland wurde bis Ende '71 in den Kfz Brief geschrieben: "Die schwenkbaren Scheinwerfer wurden abgedeckt und die elektrische Verbindung zu diesen Scheinwerfern entfernt". Und weil das noch nicht der Betonköpfigkeit genug war, ging' s gleich weiter: "Die Anbringung des vorderen Kennzeichens unter der mittleren Abdeckscheibe ist nicht zulässig". So rollten sie denn zunächst mit schwarzen Abdeckkappen und ohne mittleres Glas durch dieses unser Land.
Was war geschehen? Citroën hatte sich erdreistet, 1970 eine Cibie Lichtanlage auf die Straße zu bringen, die – sämtlich in Halogen – zweifaches Abblendlicht, zwei starre Fernlichtscheinwerfer mit etwas breiterer Streuung und zwei schwenkbare Fernlichtscheinwerfer mit weit reichender Bündelung (weniger Riffelung auf der Streuscheibe umfasst).
Dies wurde in Deutschland zum Politikum und war erst durch Einschaltung des Bundesverkehrsministers zu beseitigen - ein dornenreicher Weg für einen Importeur mit kleinem Marktanteil. Erst am 16.11.1971 gelang es durch die Erteilung der Allgemeinen Betriebserlaubnis Nr. 8013 seitens des Kraftfahrtbundesamtes, diesen Zustand zu beenden. Vorausgegangen war die Erwirkung eines Schreibens, in dem der Bundesverkehrsminister am 11.Januar1971 höchstpersönlich dem Kraftfahrtbundesamt mitteilte, dass er die Grundlage zur Erteilung der Ausnahmegenehmigung von § 50 STVZO für gegeben hält. Gestritten wurde, ob denn die ganze Anlage nicht zu hell sei, sprich Citroën ein zu gutes Licht präsentiere - selbst mit der Glasscheibe davor. Da aber dem Minister aus Bonn von Citroën klar gemacht werden konnte, dass die in Deutschland höchstzulässige Beleuchtungsstärke von 150.000 Candela nicht wesentlich überschritten wird, genehmigte man schließlich, dass vier Fernscheinwerfer - die inneren schwenkbar- sein dürfen, sofern das etwas weiter streuende Licht für alle verwendet wird - das Prüfzeichen auf deren Glas lautet "HR E2 99", womit 158.000 Candela erzielt werden- 5,3333333333333333% mehr als gesetzlich erlaubt, genehmigt erst nach Ministerwort aus Bonn. Welch ein Aufwand für - ohnehin nicht sehr haltbare- Reflektoren.
Zwischen Ministerbrief und Betriebserlaubnis lag die Vorführung beim Kraftfahrtbundesamt am 29. August 1971. Hierbei äußerte sich der Präsident desselben u.a. auch lobend über die Anbringung des vorderen Kennzeichens hinter dem Glas. Ein diesbezüglicher Vermerk wurde in das Besichtigungsprogramm aufgenommen.
In der allgemeinen Betriebserlaubnis Nr. 8113 wurde die Art der Anbringung jedoch nicht erwähnt und so gibt's bis zum heutigen Tag bisweilen noch ärger bei Polizei- oder TüV-Kontrollen mit dem SM- Nummernschild hinter Glas.
Weit rigider waren die beleuchtungstechnischen Eingriffe in die rund 2.000 SM die in die USA gingen: Dort schreibt das Gesetz "Sealed - Beam"- Scheinwerfer vor - eine hässliche Vier - Scheinwerferfront ist die Folge ...aber wenigstens das Nummernschild darf hinter Glas bleiben.
Hinter dem Lichterband folgt der von zwei Elektrolüftern thermostatgesteuert unterstützte Kühler. Ungewöhnlich in einer Zeit, wo die meisten noch mechanische Lüfter boten.
Sodann – vor das Getriebe gebaut – der Fliehkraftregler für die geschwindigkeitsabhängige Servolenkung mit unterstützter Rückführung in die Geradeausstellung.
Sie wurde mit dem Kunstnamen DIRAVI (DIRection a Assistence hydraulique variable en fonction de la Vitesse) gekennzeichnet.
Obwohl sie weiter hinten über dem Getriebe liegt, soll sie hier bereits erläutert werden: Der SM zeigt hier eine weitere Neuerung im Serienautomobilbau, die in den letzten 20 Jahren viele Nachahmer fand - abhängig von der Motordrehzahl oder auch a la SM von der Fahrzeuggeschwindigkeit; direkt niedergeschlagen hat sie sich in CX und XM V6.
Im SM extrem direkt mit lediglich zwei Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag und im "Go-Kart"-Verhältnis von 1:9,4 übersetzt (CX 1:13,5; ca. 2,5 Umdrehungen » XM V6 1:17,5; 3,26 Umdrehungen) ...um über 40% direkter als CX und über 85% direkter als der XM V6!
Dementsprechend waren auch die Kommentare: "Mit diesem Auto ist noch niemand die ersten 400m geradeaus gefahren!" hieß es damals in einem Testbericht zur ungewohnten Sensibilität der SM- Lenkung.
Die "Erfahrung" lehrt allerdings, dass diese Lenkung dem 1,4- Tonnen- Brocken 11,5m Wendekreis und erstaunliche Behändigkeit in der Stadt sowie formelmäßige Direktheit auf schnellen Autobahnstrecken beschert, was man Kilometer für Kilometer schätzen lernt.
Mit Kolben, Fliehgewichten und Kurvenscheiben in stabilem Alu- Gehäuse wird dafür gesorgt, dass die Zahnstange situationsgerecht unterstützt und immer in die Geradeausstellung zurückgeführt wird.
Zusätzlich zur immensen Sicherheit gegen platzende Reifen oder einseitig überfahrene Buckel, die seit der Göttin jedes D- Modell auch ohne Servo dank der Mittelachslenkung genießt und die auch in den GS kam liefert dieses Servo erstmals eine hydraulische Verriegelung, die eine zweite, so hohe Sicherheit gegen Einflüsse der Fahrbahn auf die Lenkung bietet, dass man die erste Sicherheit, die Mittelachslenkung mit ihrem Lenkrollradius Null im CX bereits nicht mehr am ganzen Radumfang benötigte, sondern nur für den Punkt der Reifenaufstandsfläche. Im XM ist nun der Lenkrollradius Null als Sicherheitsfaktor ganz vergessen und dennoch wird durch die hydraulische Verriegelung a la SM die gleiche Sicherheit geboten.
Man mochte die Lenkung oder man mochte sie nicht. Ihre Variabilität ist in Fahrt deutlich spürbar. Diese Lenkung bezog klar Position und faszinierte oder schreckte ab. Kommt man heute vom SM oder CX in den XM V6, staunt man über die geringe Spürbarkeit des Rückstelleffekts, die fast auf die Hälfte reduzierte Direktheit und das weit größere Druckreservoir bei Lenkbewegungen ohne Motorlauf. Man muss sich dann quasi an deren Normalität gewöhnen- aber selbst das stört einige Tester noch, während der Fan hier die Klarheit früherer Jahre möglicherweise vermisst.
ZWISCHENSTATION
Nachdem man bis hierher erst 10% des Weges von der vorderen zur hinteren Stoßstange zurückgelegt hat, wird bereits unmissverständlich klar, dass der SM mit einer Fülle wegweisender und/oder origineller Lösungen aufwartet, deren deutliche Unterscheidung vom üblichen Einheitsbrei entweder Enthusiasmus oder Lähmung hervorruft.
Das Fahrwerk zeigt eine Vorderachse mit im Durchmesser verstärkten DS- Antriebswellen, die auch sonst an die DS- Konstruktion angelehnt ist. Angesichts des von 59 auf 40 bar reduzierten Fülldruckes und anderer Durchflusskennung der vorderen Federkugeln federt sie härter. Herausragendste Änderung ist jedoch die Umkehr der ansonsten gleichen Radaufhängungen.
Im Gegensatz zum D- Modell werden die Schwingarmträger vor der Vorderachse montiert. Bei Rallye- Einsätzen der Göttin hatte sich unter extremer Beanspruchung gezeigt, dass die vorderen zwei der fünf Aufhängungspunkte dieser Träger aus der Karosserie ausreißen können (in Fahrt zittert dann der gesamte DS- Vorderbau mit einer Brutalität zum Karosserie- Erweichen).
Durch die Umkehr im SM wurde hier größere Stabilität erreicht.
Der einzige Punkt, der das Reißbrettstadium der SM- Konstruktion am Ende der 60-er deutlich macht, sind wohl die nicht belüfteten vorderen Scheibenbremsen der Göttin am Getriebeausgang, die ohne Modifikationen übernommen wurden. Ihnen machte das 1,4-Tonnen-220km/h-Geschoss SM doch auch schon 'mal jenseits Ihrer Leistungsgrenze zu schaffen.
Zur Abmilderung halfen die von Citroën erstmals gebrachten hinteren Scheibenbremsen, die wenige Monate später erfreulicherweise in Gestalt des GS auch in die untere Mittelklasse eingeführt wurden. Im SM hatten sie ab dem Einspritzer sogar Sensoren für die Abnutzung der Beläge - eine bis zu heutigen Tagen bei Citroën leider nicht wiederholte Variante zur Überwachung des Bremsbelagverschleißes rundum.
Die Hinterachse kam ansonsten im Prinzip a la DS aber mit kürzeren Schwingen. Der SM rollte immer auf 6 Zoll (DS ab '69 5,5 Zoll) breiten und 15 Zoll hohen Stahlfelgen, anfangs auf 195/70-Reifen, die heute im Handel nicht mehr erhältlich sind, später auf 205/70. Damals bedeutete das 7Olger Format extreme Breitbereifung. VR-Spezifikation war angesagt für Geschwindigkeiten über 210 km/h. Ab '71 gab' s in Frankreich gegen Aufpreis auch Carbon - Räder
Das 5-Gang-Getriebe des SM zählt zu den langlebigsten Aggregaten dieses Fahrzeuges. Nicht nur, was die Robustheit betrifft, sondern auch die spätere Verwendung über den SM hinaus in sämtlichen Lotus-4-Zylindern nahezu gleichzeitig mit dem DS-5-Gang-Getriebe erschien es gleich zu Serienbeginn, nachdem es in diversen Rallyes unter dem Blechkleid der Göttin erprobt worden war.
Der 2. bis 4. Gang waren identisch mit den beiden DS-5- Gang- Getrieben, der 5. Gang stammte aus dem "kurzen" DS-5-Gang-Getriebe wirkte sich wegen des Kegel-Tellerrad- Verhältnisses von 8/35 aber als langer 5-ter aus: 36,335 km je 1.000 1/min sorgten dafür, dass man im SM- Vergaser bei der Nenndrehzahl von 5.500 1/min ziemlich genau mit Tempo 200 unterwegs war. Bei den 5.750 1/min Nenndrehzahl des Einspritzers waren's 209 km/h.
Die – laut Werkshandbuch – maximal zulässige Drehzahl von 6.100 1/min im 5. Gang ließ den SM knapp 222 km/h schnell sein - die erreichbare Höchstgeschwindigkeit in der Ebene lag aber darüber und die Drehzahl daher auch über der Maximal- Drehzahl. Dieser Motor mordende Widerspruch führte – zumindest in einem uns bekannten Fall – zur Eigenhilfe in Gestalt eines 6- Gang- Getriebes, um die Drehzahl auf ein erträgliches Maß zu senken.
Damit sind wir beim Maserati V6-Motor, einem konzeptionell und optisch herrlich ästhetischen Stück Motorenbau in vorzugsweise Alu- Legierung, ein 2,7-Liter-Aggregat (in der Borg- Warner- Vollautomatic- Version ab 7/73 3 Liter), das unter der extrem flachen Alu- Motorhaube zum widersprüchlichen Charakter des SM entscheidend beigetragen hat: Begeistern konnte die Brillanz der Drehfreude dank 4-Nockenwellen und drei italienischen Weber- Doppelvergasern der Bezeichnung 42DCNF2, die jedem Zylinder ein 42-mm-"Rohr" zur Beatmung zur Verfügung stellten. Der Ansaugquerschnitt pro Zylinder gestaltete sich also fast 4-mal so groß wie bei der Göttin! Zum Modelljahr '73, also ab Juli '72 gab' s das Ganze in Einspritzversion mit BOSCH D - Jetronic. Dazu ein "Sound", wie ihn wohl in der Tat nur die Italiener zu Wege bringen, gedämpft von insgesamt 4 Auspufftöpfen, von denen die beiden vorderen gemäß der Zahl der Zylinderreihen 2-zügig ausgelegt sind.
Selbst das maximale Drehmoment lag mit 23,5/23,7 mkg (Vergaser/ Einspritzer) bei 4.000 Touren auf dem Niveau des heutigen XM V6, der 24,5 mkg bei erst 4.600 1/min zur Verfügung stellt; nur "unten herum" war die SM - Kraft nicht so ausgeprägt; gedreht wollte er schon werden!
So schwang sich der SM bereits in der Vergaserversion zu über 220 km/h auf und Einspritzer sind mit bis zu 228 km/h von seriösen Autozeitschriften gemessen worden.
Der Cw- Wert 0,32 half hier also dem SM Bereiche zu erobern, für die Daimler- Benz ab '71 im neuen S- Klasse- Coupé einenV8, 3,5 Liter Hubraum und 200 PS benötigte.
Anfangs war der Vergaser- SM mit 170 PS nach DIN angegeben, später mit 163. Der Einspritzer firmierte einheitlich mit 175 PS, die ganz seltene Version mit Borg- Warner Vollautomat ab Modell '74 mit 180.
Leider erforderte die komplexe Technik fachliche Kompetenz und minutiöse Wartung, viele Werkstätten und Halter waren damit überfordert. Und so kam es wie es kommen musste – viele Motoren starben den frühen Tod, oft auch deshalb, weil die erforderliche Zeit zum Warmfahren nicht eingehalten wurde. Citroën schrieb Maserati seinerzeit einen 90 Grad Zylinderwinkel ins Lastenheft um den Motor unter der extrem flachen Haube platzieren zu können. Weiterhin wurde er auf 2,7 l Hubraum reduziert, dem Vernehmen nach, um nicht in die, in Frankreich über 2.7-l-Hubraum beginnende Steuerprogression zu geraten. Im Schwestermodell Maserati Merak wurde der Motor nur mit 3,0l Hubraum verbaut.
Durch die V- Anordnung, bei der 2 Pleuel auf einer Kurbelwellenkröpfung sitzen und dem 90 Grad Zylinderwinkel kam zwangsläufig eine ungleichmäßige Zündfolge zustande. Eine gewisse Rauheit im Motorlauf war dadurch vorprogrammiert. Dieses schwingungstechnische Problem wurde erst im XM mit Hilfe unregelmäßiger Kurbelwellenkröpfung zur Erzeugung regelmäßiger Winkel von Zündung zu Zündung beseitigt.
Bei der Gemischaufbereitung wurden zwar die Abstimmungsprobleme der 3 Doppelvergaser durch die Einspritzanlage abgestellt, es blieben jedoch andere Schwachpunkte beim Motor "erhalten" - der Antrieb der 4 Nockenwellen über eine Primär- und zwei Sekundärketten ist wohl der herausragendste.
Die primäre Duplexkette überträgt die Kraft von der Kurbel- auf eine Zwischenwelle, von dieser Zwischenwelle gehen die 2 Duplex- Sekundär- Ketten ab, die pro Zylinderreihe je zwei Nockenwellen antreiben. Das Problem lag a) in der Qualität der verwendeten Ketten Marke SEDIS, die vergleichsweise schnell länger wurden und auch schon 'mal abrissen und b) in den Spannvorrichtungen der drei Ketten: Die Sekundärketten mussten alle 5000 km manuell nachgespannt werden, ein Umstand, der bei vielen Wartungen übersehen oder ignoriert wurde. Die Primärkette wurde durch einen federgestützten Kettenspanner gespannt, der in den ersten Versionen leicht unterdimensioniert war.
Dessen Störanfälligkeit wurde noch gesteigert durch die vielen Nebenaggregate, die von der Zwischenwelle mitzubetreiben waren. Weniger die gleichmäßigen, wie die Wasserpumpe, als vielmehr die ständig wechselnden Belastungen durch die Ein- und Abschaltung der Hydraulikpumpe, den Generator und die Schaltintervalle des Klimakompressors sorgten hier für schnellen Verschleiß der Primär- Spannanlage.
Neigte dann auch noch der Fahrer darüber hinaus zu abrupten Gaswechseln bei womöglich vorzugsweise hohen Drehzahlen, war der Infarkt der Vorrichtung vorprogrammiert. Es gab am Schluss einige Motoren, die eine standfeste Spannvorrichtung mit größerer Regelstrecke aufwiesen und heute kann man solche Spanner auch nachrüsten.
Aber auch vergleichsweise simple Bauteile waren nicht ausgereift. So erwies sich die Antriebsweile der Ölpumpe als a) zu dünn und b) ein Stückchen zu kurz.
Inzwischen werden - fernab der Citroën- Reservoirs- und neben anderen SM- Segnungen, auch dickere, ein wenig längere und damit standfestere Wellen durch den Teileservice des Clubs angeboten.
Wer's genauer wissen will, dem seien die werksseitigen SM- Reparaturhandbücher und Ersatzteil- Kataloge empfohlen, die für die Vergaserversion (beim Einspritzer war's deutlich besser) eine umfangreiche Sammlung von Beilegscheiben, Fassungen, Kennziffern und ähnlichen Nerven aufreibenden "Kleinigkeiten" parat halten, die penibel genaue Beachtung der Motornummer erfordern und die im Einzelnen - wenn überhaupt- oft nur noch unter größten Schwierigkeiten zu beschaffen sind .......ein Horrorszenario für jeden Ersatzteilverwalter und -beschaffer. Das geht ins Geld und braucht Zeit, wie man sich denken kann.
Man sieht, bei solch fragiler Mechanik und angesichts solcher Ersatzteil- Preise ist die Anschaffung eines SM nicht das eigentliche Problem, sondern dessen Unterhaltung. Unter denen, die einen haben, gibt es daher welche, die sich voller Sarkasmus zur Steigerung der Exclusivität wünschen, er möge doch in der Anschaffung auch hierzulande endlich so teuer werden, wie er es in der Unterhaltung bereits seit Jahren ist. Insbesondere die qualifizierte Wartung und Erhaltung des Motors wird bis heute nur von wenigen geleistet. Dass es mit qualifizierter Betreuung geht, hat der SM bereits zur Marokko- Rallye 1971 bewiesen, als er unter dem Leitmotiv "premiére sortie ...premiére victoire" die gesamte etablierte Rallyezunft bezwang
Von Anbeginn der SM- Produktion forderte die fragile Mechanik des Motors Tribut: Zahlreiche Ausfälle und unverhältnismäßig viele Austausch- Motoren trugen in Verbindung mit den hohen Anforderungen an die Mechaniker, die vom Citroën- Händlernetz europaweit nur sehr begrenzt mit fundiertem Inhalt gefüllt werden konnten, zur nur sehr zögerlichen Verbreitung bei.
Eine italienische Operndiva kann sich kaum kapriziöser benehmen, als dieser 4-Nockenwellen-V6, der selbst gestandene SM- Spezialisten bis auf den heutigen Tag immer wieder auf' s neue erfreut - mit und ohne Anführungszeichen, je nachdem, ob sie gerade freiwillig der atemberaubenden Faszination des unmittelbaren Fahrerlebnisses oder fremdbestimmt der eher mittelbaren des Ersatzteil- Kataloges erliegen.
RANDBEDINGUNGEN
Die Kalenderjahre sahen folgende SM-Zahlen:
1970 | 868 |
1971 | 4.988 |
1972-Ende Vergaser, Beginn Einspritzer | 4.036 |
1973 | 2.619 |
1974 | 294 |
1975 | 115 |
Total: | 12.920 |
Für die überstürzte Programmplanung zur Präsentation des SM mögen Beispiele aus dem ersten Katalog dienen: Die 6 Scheinwerfer werden noch von Fensterglas bar jeglicher Streuscheiben "geziert". Der Schriftzug in der C- Säule zeigt von links nach rechts "CitroënMaserati" statt des späteren "SM- Logos" der ersten Serie, die Auspuffblenden weichen von der Serie ab und die Radkappen haben noch keine zentrale Festhalteschraube, sondern sind a la DS nur geklemmt. Die abgebildete Türinnenseite weist eine Fensterkurbel auf, die nie das Licht der Serienwelt erblickte, da elektrische Fensterheber kamen.
Die wiederum ließen sich bei Ausfall zumindest in den beiden ersten Baujahren nicht von Hand betätigen - erst später gab's eine Kurbel, um vorn die Fenster auch im Pannenfall von Hand schließen zu können-
Anm: Dieser Bericht ist den Clubzeitungen Heft 9 und Heft 10 entnommen.
Autor ist Herr Ulrich Brenken, Clubleiter des ACC.
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