Hallo zusammen,
ein paar von Euch erinnern sich vielleicht, vor einigen Wochen hat mein Motor schöne Ölwolken aus der Steuergehäuseentlüftung und dem Einfüllstutzen gepumpt, wie eine Dampfmaschine. Der Motor ist inzwischen draußen, gestern haben wir ihn dann auch mal zerlegt, mit ganz interessanten Beobachtungen:
Der Motor ist kein R-Motor, aber eine originale Citroen-Austauschmaschine von 1971. Schon vor dem Zerlegen fiel „Pfusch am Bau“ auf:
Aus was für Gründen auch immer, es ragen zwei Stehbolzen aus dem Block zur Befestigung der Vergaserbrücke heraus. Ok, das ist nicht weiter schlimm, wesentlich unschöner ist der nächste Pfusch:
Hier beweist der Vorbesitzer erneut, dass er ein großer Fan von Stehbolzen war: Offensichtlich ist hier ein Teil des Gewindes aus dem Motorblock gebrochen. Anstatt das fachgerecht reparieren zu lassen, hat man stattdessen einfach einen Stehbolzen reingedreht und den Zylinderkopf mit einer Mutter an dieser Stelle verschraubt. Weitere Kommentare sinnlos…
Nach dem Abnehmen des Steuerdeckels zeigt sich das Musterbeispiel einer verschlissenen Primärkette: Der Spanner ist im wahrsten Sinne des Wortes auf der letzten Rille, die Feder ist komplett entspannt. Überraschenderweise hat die Kette aber noch nicht geklappert, sie war gerade noch gespannt.
Die Demontage hat zunächst keine besonderen Schäden gezeigt: Zwar waren die Zylinderköpfe offensichtlich schon mal abgenommen worden (mit obigen Pfuschereien), aber der Motorblock selbst scheint original ungeöffnet gewesen zu sein. Die Ketten wurden nie erneuert (alle drei waren maximal geweitet), die Lagerschalen anscheinend auch nicht, eine Motorrevision hat im Antrieb also niemals stattgefunden. Dennoch waren bei den Lagern, Zapfen, Pleuel etc. keine gravierenden Abnutzungen zu erkennen, anscheinend wurde der Motor immer sehr schonend gefahren und nie übermäßig getreten.
Das „Corpus delicti“ kam ans Tageslicht, als wir die Kolben der Reihe nach ausgebaut haben. Wie zu erwarten, lag es an den Kolbenringen.
Es war nicht nur ein Kolbenring gebrochen, sondern gleich zwei nahezu komplett zerstückelt, und zwar auf dem zweiten Zylinder.
Die Folgern sind offensichtlich: Die Zündkerze zündet im Zylinder das Benzingemisch, aber die Explosion zieht am Kolben vorbei direkt in das Kurbelgehäuse und sorgt so für eine schöne kleine Druckwelle, die aus Kurbelentlüftung und Ölstutzen entweicht. Das Ganze wird von regelrechten Klopfgeräuschen begleitet.
Nach meinem Kenntnisstand sind gebrochene Kolbenringe beim C114 die Seltenheit (Prof. SM hatte z.B. noch nie einen vergleichbaren Fall), so dass allgemeine Materialermüdung (nie überholter Motor) und ein Standschaden als Auslöser wohl die plausibelste Erklärung ergeben:
Denn ausgerechnet in der Büchse des besagten zweiten Zylinders kann man matte Streifen in der sonst regelrecht „blankpolierten“ Lauffläche sehen:
Durch viele Jahre Standzeit hatte sich hier eine leichte Oberflächen-Korrosion gebildet, die nach Inbetriebnahme dann zwar abgetragen wurde, dennoch aber rau blieb und so für mehr Reibung an den Kolbenringen gesorgt hatte. Dies haben die 40 Jahre alten Ringe nur noch ca. 8,000km überlebt, bis zum Schaden.
Immerhin: Der Motor bietet eine sehr gute Substanz zum Wiederaufbau…
Gruß,
Ekki